Durch Produktordnungssysteme werden Ansätze zur Komplexitätsreduzierung im Produktprogramm und in der Produktstruktur erarbeitet. Dabei erfolgt z.B. durch die Auslegung von Modul-, Plattform- und Gleichteilestrategien eine optimale Ausrichtung des Produktprogramms zwischen Individualisierung nach außen (zum Kunden) und Standardisierung nach innen.
Die Wettbewerbssituation der Unternehmen ist durch zwei gegenläufige Trends gekennzeichnet. Zum einen sind zunehmende Individualisierungstendenzen festzustellen. Eine immer stärkere Kundenmacht zwingt Unternehmen dazu, besser an Kundenbedürfnisse angepasste Problemlösungen anzubieten. Auf der anderen Seite führt eine steigende technologische Komplexität zu hohen Entwicklungskosten. Die Herausforderung für Unternehmen besteht darin, in diesem Spannungsfeld zwischen Individualisierung des Angebots zum Kunden hin (nach außen) und Standardisierung im Unternehmen (nach innen) das Produktprogramm optimal zu gestalten. Es gilt, die Kundenwünsche zu erfüllen und gleichzeitig die Effizienzpotenziale durch Standardisierung der Produkte auszuschöpfen.
Trotz teilweise bereits eingeführter Optimierungsansätze wie der Einführung von Produktplattformen und Maßnahmen zur Gleichteileverwendung oder zur Erhöhung der Wiederverwendung besteht in vielen Unternehmen weiterhin Handlungsbedarf bei der Komplexitätsbeherrschung. Bei einer Erhöhung der Kundenindividualität geraten Unternehmen nach wie vor leicht in die Komplexitätsfalle einer explodierenden Variantenanzahl.
Die Basis des Konzepts bildet die Ausrichtung an den Leitlinien Standardisierung nach innen, Individualisierung nach außen, Stabilität und Flexibilität sowie transparentes Controlling. Dabei können für unterschiedliche Produkt-/Komponentenumfänge verschiedene Strategieelemente umgesetzt werden (Teilefamilien-, Baukasten-, Gleichteile-, Modul- oder System- sowie Plattformstrategie). In Abhängigkeit der unternehmensspezifischen Rahmenbedingungen und der jeweiligen Effizienzwirkungen werden für die Produktstruktur und das Produktprogramm optimale Kombinationen dieser Elemente herausgearbeitet. Das Konzept von Produktordnungssystemen ermöglicht durch eine Optimierung von Produkten und Prozessen ein stabiles und dennoch flexibles Produktprogramm, mit dem sich Unternehmen nachhaltige Wettbewerbsvorteile sichern können.
Die methodenbasierte Vorgehensweise zur Implementierung von Produktordnungssystemen erfolgt über eine Funktions- und Produktstrukturanalyse sowie mit der Ermittlung von Kundenanforderungen. Danach werden technische Lösungsansätze erarbeitet, wobei sich hierfür der Rückgriff auf eine Produktklinik anbietet. Daran schließt sich die Spaltung von Bauteilen und Komponenten in Module und Systeme sowie die Bündelung von Funktionen zu möglichen Plattformen und Modulen an. Die technischen Lösungen werden integriert und unterschiedliche Optionen bewertet. Dabei sind insbesondere Abhängigkeiten und Synergiepotenziale über mehrere Produktreihen hinweg zu berücksichtigen. Bei der Festlegung der Produktarchitektur erfolgen die Schnittstellentypisierung und die Festlegung von Variantenbestimmungspunkten in der Wertschöpfungskette. Schließlich werden Zielkosten abgeleitet, um Kosten- und Nutzenanteile der technischen Lösungen zu bewerten. In allen Phasen kommt eine unternehmensindividuell angepasste Verknüpfung aus dem umfassenden TCW-Methoden-Toolkit zur Anwendung.
Die Vorgehensweise lässt sich auch für Software-Produktordnungssysteme anwenden. Dabei werden bekannte Konzepte zur Erhöhung der Wiederverwendung aus dem Software-Engineering um managementorientierte Ansätze erweitert. Wichtige Elemente sind eine strikt funktionsorientierte Betrachtungsweise und eine Bewertung der Lösungsansätze nicht nur aus technischer, sondern auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht.
Eine optimale Gestaltung von Produktordnungssystemen ermöglicht die Lösung des Widerspruchs zwischen Standardisierung und Individualisierung sowie Stabilität und Flexibilität im Produktprogramm. Dadurch lassen sich Herstellkosten und Entwicklungszeiten sowie die Anzahl von Bauteilen signifikant reduzieren. Gleichzeitig kann das externe Variantenangebot sogar erhöht werden.