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Erfolgreiche Kostenreduzierung und Kundenwertgestaltung durch Cost Engineering

[02.09.2012]

Foto: alphaspirit / fotolia.com

Diese Fallstudie ist ein aufschlussreiches Beispiel für die aktuelle Bedeutung von Cost Engineering, indem sie die Wirkungen der zu Grunde liegenden Methoden und Ansätze aufzeigt. Sie weist auf die mannigfaltigen Diskussionspunkte hin, die auf dem nächsten Münchner Management Kolloquium am 19. und 20. März 2013 aufgegriffen werden. Unter dem Leitthema „Cost Engineering - Kundenwertgestaltung von Produkten, Prozessen und Services“ werden über 70 Referenten aus verschiedenen Unternehmen zeigen, welches Potenzial sie dadurch heben können.

Die kritische Ausgangssituation erfordert rasche und nachhaltige Ergebnisse

Das betrachtete Maschinenbauunternehmen produziert hochpreisige Investitionsgüter, die sich durch innovative Technologien in Produktteilbereichen und hohe Qualität mit äußerst geringen Ausfallzeiten auszeichnen. Die Produkte werden global vertrieben und gewartet, wobei die Produkt­in­di­vi­dua­li­sie­rung weniger regional als vielmehr einsatzspezifisch und auf Kundenanforderungen bezogen zu erfolgen hat. Während die Produkteigenschaften als best-in-class bezeichnet wurden, stand das Unternehmen vor der Herausforderung, dass sowohl die Herstellungskosten und der Aufwand für die Inbetriebnahme als auch die Entwicklungszeit nicht mehr wettbewerbsfähig waren. Der Preis­druck durch asiatische Mitbewerber und die Geschwindigkeit mit der diese ihre Produktneuheiten auf den Markt bringen, erhöhten sich in den letzten Jahren signifikant, so dass die Wirtschaftlichkeit der eigenen Produkte in hohem Maße gefährdet ist.


Abbildung 1: Herausforderungen und Ziele für das Cost Engineering Projekt

Die Zielsetzung des Projektes spannte den Bogen von einer Kostenreduzierung für eine kurzfristige EBIT-Optimierung bis hin zu einer mittel- und langfristig ausgerichteten Cost Engineering Initiative, die die methodischen Ansätze nachhaltig wirken lässt. Hierbei sollten Herstellungs- und Inbet­rieb­nah­mekosten gesenkt, die Variantenvielfalt in bestimmten Bereichen reduziert und die Prozesse dergestalt optimiert werden, dass die Produktentwicklung, der Einkauf und die Produktion mit eindeutigen Kostenzielen und klarer Kostentransparenz im Produktentstehungsprozess effektiver und effizienter arbeiten können.

Aus dem vorhandenen Produktportfolio wurde eine Baureihe als Betrachtungsgegenstand aus­ge­wählt, die sich in der Anlaufphase befindet und eine Kerntechnologie der Zukunft in den Markt bringt und mit Hilfe derer das Unternehmen seinen technologischen Vorsprung weiter ausbauen will. Gleich­zeitig ist diese Baureihe aber noch gekennzeichnet durch Ramp-up-Einflüsse, die abgebaut und eine rasche Kostenreduzierung auf Serienniveau erreicht werden müssen. Der Vorteil zahlreicher Methodenbausteine des Cost Engineering begründet sich darin, dass ihre Wirkung nicht nur auf ein Produkt oder eine Baureihe beschränkt ist, sondern flächen­deckend auf alle Produkte und Prozesse ausstrahlt. Somit sollte in dem dargestellten Projekt auch eine grundsätzliche Optimierung von betroffenen Teilprozessen in Verbindung mit einer Steigerung des Kostenbewusstseins aller Handelnden erzielt werden.

Wertgestaltung von Produkten, Prozessen und Services

Die dezidierte Festlegung von Zielkosten ist eine wichtige Voraussetzung für die Kostenreduzierung. Das Target Costing erfolgte im Unternehmen mit Hilfe verschiedener Methoden, denn nur die gezielte Anwendung einer geeigneten Ermittlungs- oder Berechnungsmethode erlaubt ein effizientes Handeln. Das hatte zur Folge, dass manche Teile mit erheblichem Aufwand über eine Bottom-up-Kalkulation nach dem Brown-field-Prinzip und nach dem Green-field-Prinzip behandelt wurden, andere konnten über eine Ableitung von existierenden Komponenten rasch auf die neuen Ein­fluss­größen angepasst werden. Zusätzlich zur Betrachtung der bottom-up ermittelten Zielkosten wurde eine top-down-Betrachtung durchgeführt. Sie ergab die aus Kundensicht realisierbaren Preise mit einer Ableitung von Zielkosten pro Komponente. Das „Matching“ der bottom-up und top-down ermittelten Zahlen führte schließlich zu einem bereichsübergreifend akzeptierten Zielkostenwert pro Komponente. Letztlich wurden die Komponenten, die 94% der Herstellkosten repräsentierten, mit Zielkosten versehen oder die bereits bestehenden Zielkostenvorgaben nachgeschärft.

Die Anwendung einer Produktklinik verhalf im weiteren Projektverlauf zur Generierung einer umfangreichen Liste von Ansatzpunkten zur Kostensenkung sowie zur Reduzierung von Varianten. Insbesondere die interdisziplinäre Zusammensetzung des Teams mit Vertretern aus Entwicklung, Einkauf, Logistik, Fertigung, Montage und Service zeigte erneut, wie hilfreich und motivierend eine gemeinsame Diskussion ist. So konnten konstruktive Optimierungen am Produkt und ihre Aus­wirkung für Herstellung, Montage und Service aufeinander abgestimmt werden. Gleichzeitig konnten Vertreter von Produktion oder Service ihre Ideen und Anforderungen einbringen und es konnte ein gemein­samer Weg zur Kostensenkung gefunden werden. Charakteristisch war die Diskussion am Produkt, denn die Betrachtung der Komponenten als „Hardware“ macht die Ergebnisse im wörtlichen Sinne greifbarer.

Neben den Auswirkungen auf die Herstellungskosten waren auch die Inbetriebnahmekosten und die Kosten für Wartung und Inspektion zu berücksichtigen. Die Bewertung der Einsparpotenziale erfolgte zunächst grob, um erste Priorisierungen und eine Maßnahmen-Clusterung bezüglich möglicher Einsatztermine vorzunehmen. Für die priorisierten Umfänge wurden detaillierte Business Cases ausgearbeitet, so dass die erforderlichen Investitionen und Entwicklungskosten Berücksichtigung fanden. Außerdem wurden Umsetzungsszenarien erstellt, um die vorhandenen Ressourcen optimal nutzen zu können. Letztendlich entstand ein Maßnahmenpaket, für das eine detaillierte Um­setzungs­roadmap mit Ressourcenzuordnung, Verantwortlichkeiten, Zeitplan und Meilensteinen sowie Um­setzungs­risiken erstellt wurde.

Wertgestaltung mit Lieferanten

Aufgrund der hohen Wertschöpfung der Zulieferer und ihres Know-hows war es im vorliegenden Fall ein unabdingbares Muss, diese in das Projekt eng mit einzubinden. Dies erfolgte auf drei Wegen. Zunächst wurden Schlüssellieferanten zu Workshops an ihren Standorten eingeladen, um gemein­sam mit ihnen Ansatzpunkte zur Kostensenkung zu identifizieren. Diese bezogen sich auf kon­struk­tive Änderungen aber in vielen Fällen auch auf die Optimierung der Fertigung und Montage in ihrem Haus. Eine hervorragende Grundlage für die Diskussion von Optimierungspotenzial bestand in der Verfügbarkeit von Zielkosten und der Fakten für die Herleitung der Zielkosten. Die Optimierung der Prozesse beim Zulieferer verhilft ihm zu einer Erhöhung seiner Wettbewerbsfähigkeit und reduziert gleichzeitig die Einkaufspreise für den OEM. Der zweite Weg zu einer Preissenkung umfasste eine klare Verhandlungsstrategie mit vereinbarten Stückzahlen. Sie zielte auf den raschen Abbau von Ramp-up-Einflüssen auf den Teilepreis und ermöglichte es, neben den kurzfristigen Preis­an­passungen auch mittelfristige Preisentwicklungen zu vereinbaren. Der dritte beschrittene Weg war ein Konzeptwettbewerb mit potenziellen Lieferanten. Diese wurden zu einer Kick-off-Veranstaltung eingeladen, bei der die unternehmensspezifischen Informationen unter anderem anhand eines Produktionsrundgangs dargestellt und die Heraus­for­de­rungen erläutert wurden. Anschließend wurden sie aufgefordert, ihre Konzepte und Ideen auszuarbeiten und in einem weiteren Workshop vorzustellen, der drei Wochen später angesetzt war. Hieraus ergaben sich wertvolle weitere Maßnahmen zur Kostenoptimierung und die Grundlage für eine Kooperation mit weiteren Zulieferern.


Abbildung 2: Bausteine und Methoden

Implementierung des Cost Engineering im Unternehmen

Ein wichtiges Ziel des Projekts lag in der Aufgabe, den Target Costing Prozess zu definieren und institutionalisieren, das Kostenbewusstsein zu schärfen und vor allem die Umsetzung der Opti­mie­rungs­maßnahmen sicher zu stellen sowie für zukünftige Aktionen diese Vorgehensweise im Unternehmen zu verankern. Zu diesem Zweck unterstützte das TCW bei der Maß­nahmen­im­ple­men­tierung und führte ein regelmäßiges „Tracking und Controlling“ durch. Bei Zielabweichungen konnten rasche Abhilfemaßnahmen die Störgrößen minimieren. Das Kostenbewusstsein und der Wille zur Umsetzung wurden deutlich angehoben. Gleichzeitig wurde eine Schulung für das Target Costing durchgeführt, so dass die verschiedenen Methoden im Unternehmen verankert sind und zukünftig autark angewendet werden können.

Die Ergebnisse

Das kurzfristig realisierbare Einsparpotenzial für die Herstellungskosten liegt bei 29%. Hiervon umfassen sogenannte „Quick wins“ 2,5 %-Punkte, die für Maßnahmen stehen, welche bereits innerhalb von vier Monaten ergebniswirksam werden. Ein mittelfristiges, zusätzlich erzielbares Kos­ten­potenzial beträgt weitere 14%, bezogen auf den kurzfristig erzielbaren Wert. Es steht für Maß­nah­men mit geringerem Härtegrad aber einem dennoch niedrigem Realisierungsrisiko.


Abbildung 3: Einsparpotenziale bei den Herstellkosten

Die Kostenreduzierung durch die Ergebnisse aus den Lieferantenworkshops zeigte mit einem Anteil von 52% den großen Nutzen aus dieser Vorgehensweise. Der Anteil der kaufmännischen Maß­nah­men, die sich speziell aus der Diskussion zwischen Einkauf und Zulieferer ableiten ließen, umfasst dabei alleine 25%-Punkte, während 23%-Punkte auf weitere Optimierung von Produkt und Prozess zurückzuführen sind.


Abbildung 4: Ideenverteilung nach Herkunft

Die Variantenreduzierung bei C-Teilen beziffert sich auf 35%. Für vier kritische Komponenten, deren Komplexitätskosten in der Montage und beim Lieferanten sehr hoch lagen, wurde die Vielfalt um 25% reduziert. Für die Reduzierung der Inbetriebnahmekosten wurden Maßnahmen definiert, die ein Einsparpotenzial von 11% repräsentieren.


Abbildung 5: Erzielte Variantenreduzierung bei C-Teilen und Senkung der Inbetriebnahmekosten

Neben den quantitativ darstellbaren Projektergebnissen führte dieses Projekt dazu, dass das Cost Engineering im Unternehmen stabil verankert wurde. Insbesondere durch eine klar definierte Vorgehensweise zur Ermittlung von Zielkosten und der bereichsübergreifend verankerten Ausrich­tung auf die gemeinsam zu erreichenden Targets wurde der Grundstein gelegt, dass das Cost Engineering für den gesamten Produktlebenszyklus als Leitlinie für eine wettbewerbsfähige Produkt und Prozessgestaltung dient, die sich am Kundenwert ausrichtet.

Publikationen

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