[19.09.2017]
Im aktuellen Praxisbeispiel hatte ein Unternehmen aus der Prozessindustrie seit mehr als zwanzig Jahren ein ERP-System im Einsatz, welches nun durch SAP R/3 abgelöst werden sollte. Die Furcht vor hohen Softwarekosten, ausufernden Dienstleistungsaufwänden und langen Implementierungszeiträumen war groß. Gleichzeitig war der Wissensstand auf Unternehmensseite bezüglich der technologischen Leistungsfähigkeit moderner ERP-Systeme gering. Die zentrale Herausforderung für die Unternehmensführung bestand somit im Aufsetzen eines kompetenten Projektmanagements, um die SAP-Implementierung erfolgreich durchzuführen. Das Unternehmen betraute die Unternehmensberatung TCW mit der Begleitung der kompletten ERP-Einführung, der Risikominimierung und der Erarbeitung einer zukunftssicheren IT-Strategie.
Zu Beginn wurde eine interne mehrgliedrige Projektorganisation aufgesetzt. Sie bestand aus Mitarbeitern aller Unternehmensbereiche, um das Wissen über sämtliche Prozessabläufe und Schnittstellenbeziehungen zu bündeln. Gemeinsam mit einem externen ERP-Auswahlberater wird zunächst ein Anforderungskatalog erstellt. Alle Prozessabläufe wurden vom TCW im Hinblick auf ihre Einbettung in die zukünftige Softwarelandschaft bewertet und dokumentiert. Zur besseren Verständlichkeit wurde die gesamte Soll-Prozesslandschaft modelliert und visualisiert. Damit konnten die Anforderungen an die zukünftige ERP-Software in ein detailliertes Lastenheft überführt werden. Das Lastenheft stellte die Grundlage eines Ausschreibungsverfahrens dar, um von potenziellen ERP-Anbietern ein detailliertes Projektangebot zu erhalten. Die Softwarelösung SAP R/3 wurde aufgrund strategischer Vorteile ausgewählt. In einem Ausschreibungsverfahren sollte anschließend der geeignete Implementierungspartner gefunden werden.
In das Ausschreibungsverfahren für die SAP-Implementierung wurden ausgewählte SAP-Partner miteinbezogen. Diese präsentierten im Rahmen von Beauty Contests die Angebotspräsentationen und es konnte schnell die Auswahlentscheidung getroffen werden. Zur Risikominimierung wurde bei der Vertragsgestaltung mit dem SAP-Partner eine Rechtsanwaltskanzlei hinzugezogen.
Im Zuge der konkreten Projektplanung wurde der Fokus vor allem auf folgende Aspekte gelegt:
Zunächst wurde ein detaillierter Projektplan (Roadmap) mit Zeit- und Meilensteinplanung erarbeitet. Sinn und Zweck war es, die unterschiedlichen Aufgabenumfänge klar herauszuarbeiten und mit Verantwortlichkeiten zu versehen. Insbesondere bestand die wesentliche Aufgabe darin, die verschiedenen Rollen der Anspruchsgruppen im ERP-Projekt zu definieren und transparent zu machen. Dies beinhaltete die Festlegung der Projektorganisation sowie die Eingliederung von externen Beratern. Nachdem Workstreams und Teilprojekte definiert waren, erfolgte die Planung der Workshops. In den Workshops wurden die Soll-Prozessabläufe in der neuen Software simuliert und Maßnahmen zur Aufbereitung und Übergabe der vorhandenen Stammdaten festgelegt. Hierfür verwendete das SAP-Systemhaus entsprechende Formatvorlagen, um eine einheitliche Stammdatenmigration entlang aller Workstreams zu realisieren. Neben der Datenmigration war ein weiterer wichtiger Baustein die Erstellung eines Schulungskonzeptes für die Key-User. Ziel war es, die Key-User so zu schulen, dass sie das erlernte Wissen innerhalb der Organisation an andere Mitarbeiter weitergeben konnten. Viel Zeit und Aufwand musste in die Organisation des Testbetriebs gesteckt werden. Insbesondere die Durchführung von Integrationstests lieferte wichtige Erkenntnisse über Fehlerfreiheit der Datenschnittstellen zur Abbildung bereichsübergreifender Geschäftsprozesse.
Als ein Beispiel dient hier der Order to cash Prozess, welcher die komplette Auftragsabwicklung vom Eingang der Bestellung bis hin zur Fakturierung abbildet. Nach und nach wurden Probleme bei der Datenkompatibilität behoben, sodass der Go-Live vorbereitet werden konnte. Um die Mehrbelastung in dieser Projektphase unter den Mitarbeitern zu minimieren, galt es die Arbeit in den Projektgruppen zielgericht und lösungsorient zu gestalten. Dazu bereitete das Team des TCW die Workshopinhalte intensiv und themenbezogen vor, behob Unklarheiten, Probleme und Widersprüche unverzüglich und überwachte die Termintreue. Für einen umfangreichen Wissensaustausch sorgte die eigens eingerichtete Projektplattform im Intranet. Bei der kompletten SAP Implementierung achteten die Führungskräfte und Mitarbeiter des Unternehmens darauf, dass der externe SAP-Partner alle Unternehmensprozesse nach Wunsch abbildete. Nach dem Go-live erfolgte sukzessive der Aufbau weiterer Stammdaten sowie die Systemoptimierung in Bezug auf IT-Systemschnittstellen zu angrenzenden IT-Lösungen.
Die Potenziale zeigten sich sowohl in Bezug auf Zeitverkürzung bei der Projektimplementierung als auch Kostenreduzierung durch Vermeidung von Change Requests und Zusatzprogrammierungen durch den SAP-Partner. Durch die stringente Projektvorgehensweise wurde ein hoher Qualitätsstandard während der ERP-Implementierung erreicht. Mitarbeiter waren früh mit den Funktionalitäten der Softwarebausteine vertraut und lernten direkt am System. Die detailliert erhobenen ERP-Anforderungen eröffneten dem Unternehmen die Chance die Kosten für die Implementierung und die Lizenzen exakt im ERP-Vertrag festzuschreiben. In der Summe ergaben sich 30% niederigere Kosten bei den Softwarepaketlösungen und bis zu 45% geringere Aufwände beim Dienstleistungsaufwand des ERP-Systemhauses. Neben den direkten Kosteneinsparungen wurde der Implementierungszeitraum durch die stringente Beschreibung des Projektvorgehens deutlich verkürzt und der laufende Geschäftsbetrieb konnte fortwährend sichergestellt werden.