[17.04.2009]
Die enge Vernetzung von Einzelunternehmen in der Supply Chain führt zu einer deutlich erhöhten Gefahr ungeplanter Ereignisse und Störungen in den Prozessen. Das Augenmerk wird nicht mehr nur auf die reibungslose Gestaltung des Materialflusses gelegt, sondern in gleichem Maße auf das Schritthalten des Informationsflusses. Viele Unternehmen stehen gerade im Hinblick auf die immer größer werdende Informationsflut vor einem entscheidenden Problem, nämlich der Identifikation von relevanten Daten zur Früherkennung von Ereignissen in der Supply Chain. Durch moderne IT-Systeme nimmt die Menge an Informationen, die den Mitarbeitern zur Verfügung stehen, ständig zu. Gleichzeitig nimmt der Mitarbeiter paradoxerweise einen Informationsmangel wahr, da er die Menge an Informationen nicht mehr zielgerichtet verarbeiten kann. Die Qualität der Informationen nimmt mehr und mehr ab. Dieser "information overload" macht sich auch im Supply Chain Management bemerkbar. Zugleich nimmt die Komplexität der Strukturen der Supply Chain durch den Trend zur Fremdvergabe weiter zu. Es reicht nicht aus, sich auf die innerbetriebliche Koordination der Supply Chain zu beschränken. Vielmehr ist diese Sichtweise um den zwischenbetrieblichen Aspekt der Koordination der Supply Chain zu erweitern.
SCEM bietet die Möglichkeit, Ereignisse innerhalb der Supply Chain zeitnah zu erkennen und durch die Bereitstellung der zur Behebung notwendigen Informationen und Handlungsalternativen, diese zu melden und zu beherrschen. Zusätzlich kann die gesamte Supply Chain durch den Einsatz eines SCEM übersichtlicher und transparenter gestaltet werden. Vermehrt wird von SCEM-Lösungen auch eine Unterstützungsfunktion für Managementaufgaben erwartet. Hierzu benötigt der Entscheider sowohl Informationen über die Bedeutung eines Ereignisses, als auch über sämtliche indirekte Folgewirkungen in der Supply Chain, einschließlich einer transparenten Darstellung potenziell entstehender Kosten. Die Analyse sich wiederholender Events kann oftmals auch Schwächen im Design von Wertschöpfungsketten aufdecken. Durch diese Herangehensweise kann das SCEM auch zur kontinuierlichen Verbesserung eingesetzt werden.
Erst die Kombination verschiedener Konzepte und die Abstimmung der Konzepte aufeinander ermöglichen eine durchgängige Optimierung der Logistikprozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette sowie das Ausschöpfen sämtlicher Potenziale.
Für die Implementierung eines SCEM-Systems hat sich ein systematisches Vorgehen als sinnvoll erwiesen. Die einzelnen Schritte fokussieren auf die Realisierung von Kostensenkungs- und Leistungssteigerungspotenzialen, insbesondere durch die Beherrschung ungeplanter Störungen.
In der ersten Phase stehen die Festlegung der gemeinsamen Zielsetzung, die Sichtung bestehender Vorarbeiten und die Information aller Beteiligten im Mittelpunkt. Dabei sind auch grundsätzliche Fragen nach den Erwartungen an das Konzept und dessen Gestaltung, nach der Gesamtvorgehensweise, dem Untersuchungsbereich und der Projektorganisation im Rahmen der Supply Chain zu beantworten.
Hieran schließt sich in der zweiten Phase die Auditierung der Supply-Chain-Strukturen an. Die Stärken und Schwächen der bestehenden Supply-Chain-Konfiguration werden analysiert und die kritischen Pfade identifiziert. Relevante Events werden kategorisiert und priorisiert sowie eine erste Ursachenermittlung durchgeführt. Die Identifizierung und Priorisierung von Handlungsfeldern und eine erste Potenzialabschätzung sind weitere Inhalte dieser Phase.
Phase 3 und 4 werden parallel durchgeführt. Die beiden Phasen umfassen eine vertiefende Analyse und Konzeptentwicklung, zum einen aus der Perspektive der Prozesse, der Technologie sowie der Organisation, zum anderen aus der Methodenperspektive. Geeignete Lösungsansätze für ein Supply Chain Event Management werden erarbeitet und priorisiert. Abschließend werden die Potenziale und ihre zeitliche Wirksamkeit abgeschätzt und im Kernteam abgestimmt.
In der letzten Phase werden mögliche Umsetzungsrestriktionen identifiziert und die Umsetzung aktiv begleitet. Inhalte der Umsetzungsbegleitung sind die Kontrolle des Fortschritts und des Erfolgs der Maßnahmenumsetzung sowie des Projektfortschritts in Form regelmäßiger, unternehmensübergreifender Treffen. Parallel erfolgen Schulungen für die Mitarbeiter, die in das neue Konzept einbezogen werden sollen.
Die Implementierung von SCEM-Systemen ermöglicht den Abbau von Informationsasymmetrien und führt zu einer optimierten Neugestaltung der Abnehmer-Lieferanten-Beziehungen im Hinblick auf ungeplante Störereignisse. Das Antizipieren und proaktive Handeln bei Problemsituationen, bevor der reibungslose Ablauf von Geschäftsprozessen in Gefahr gerät, kann Feuerwehreinsätze deutlich reduzieren. Durch realistischere Zusagen auf Kundenanfragen können die Liefertreue und Kundenzufriedenheit deutlich erhöht werden. Pufferbestände werden durch die nahtlose und unternehmensübergreifende Sicht verringert und die Messung der internen und unternehmensübergreifenden Prozessqualität signifikant verbessert. Der Einsatz des Konzeptes trägt somit zu einer verbesserten Versorgungssicherheit, verringerten Störungskosten, niedrigeren Beständen, kürzeren Reaktionszeiten, angemessenen Logistikkosten sowie zu einer erhöhten Kundenzufriedenheit bei.