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Innovationen: Ein Allheilmittel für neue Arbeitsplätze?

[07.04.2006]

Foto: alphaspirit / fotolia.com
Innovation ist zum Modewort geworden: "Innovationsoffensiven", "Innovationsbündnisse" und "innovative Konzepte" künden davon, dass sich mit diesem Begriff alle notwendigen und teilweise schmerzlichen Veränderungen und Reformen positiv umschreiben lassen. Dabei scheint in Vergessenheit zu geraten, was Innovation im Kern bedeutet.

Schumpeter bezeichnete Innovation als "als Akt einer schöpferischen Zerstörung". Alte Strukturen und alte Konzepte werden aufgebrochen, um Neues zu schaffen. Dies erscheint für manche ein positiver Vorgang zu sein — für viele in unserer Gesellschaft ist dies eher bedrohlich. Denn es kann bedeuten, dass sich Lebensumstände und Lebensweisen wandeln, dass Altgewohntes über Bord geworfen werden muss. Dies ist umso bedrohlicher, da wir als Mitglieder der Wohlstandsgesellschaft häufig keine Notwendigkeit zur Veränderung sehen, denn diese könnte mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Rückschritt bedeuten könnte.

Die Zeit scheint vorbei zu sein, in der Innovationen häufig radikale Verbesserungen der Lebensumstände zur Folge haben: Die Glühbirne, die Dampfmaschine, das Automobil, Penicillin oder der Computer erscheinen aus heutiger Sicht als Innovationen einer vergangenen Zeit, in Innovation immer Fortschritt bedeutete - ohne nicht beherrschbare Risiken und Nebenwirkungen. Die Innovationen heute sind komplexer und werden oft als bedrohlich wahrgenommen: Gentechnologie, Kernenergie, Nanotechnologie rufen kaum positive Assoziationen hervor. Damit wird auch klar, warum Innovationen keine Selbstläufer sind und warum sie nur in einem positiven "Innovationsklima" gedeihen. Sie erfordern Überzeugungsarbeit - und dies ist auch der Grund, warum aktuell so viele von Innovation reden - nicht weil wie so innovativ sind, sondern weil eine Erneuerung so notwendig ist.

Wie steht es nun um die Innovationsfähigkeit in unserem Land? Ein chinesisches Sprichwort sagt: "Die eine Generation pflanzt den Baum, die nächste genießt den Schatten." Das bedeutet: Positive Indikatoren der Gegenwart liefern nur unzureichend Aussagen über die Zukunftsfähigkeit und damit auch über die Innovationsleistung. Entsprechend zeigen die aktuellen Indikatoren kein verlässliches Bild. Auf der einen Seite nimmt Deutschland in der höherwertigen Technik nach wie vor eine führende Position ein. Bei der Spitzentechnik liegen die USA und Japan jedoch vor Deutschland. EU-weit gehört Deutschland zu den Ländern mit dem höchsten Anteil von FuE-Ausgaben am Inlandsprodukt. Die Entwicklung der Beschäftigung in FuE - intensiven Industriezweigen zeigt einen stetigen Trend nach oben. Insgesamt beträgt der Anteil der Industriebeschäftigten in FuE - intensiven Branchen rund 40 Prozent. Damit nimmt Deutschland innerhalb der OECD einen Spitzenplatz ein. Fahrzeugbau, Chemie und Maschinenbau sind Branchen mit hochwertiger Technologie, in denen 85 % aller FuE-Aufwendungen getätigt werden.  Betrachtet man jedoch die Branchenschwerpunkte, so finden die sich hauptsächlich in reifen Technologien.

Zieht man eine Bilanz zwischen "alten" und "neuen" Branchen und Technologien, so stellt man fest, dass "Neues" entsteht, jedoch nicht genug, um die Verluste in abklingenden Bereichen wettzumachen. So sind in FuE - intensiven Industriezweigen zwischen 1997 und 2001 etwa 92.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstanden, während im gleichen Zeitraum in den nicht FuE - intensiven Sektoren des verarbeitenden Gewerbes etwa 110.000 Arbeitsplätze verloren gingen. Und damit wären wir bei der nächsten Frage: Schaffen Innovationen wirklich Arbeitsplätze? Und wenn ja, welche Innovationen sind hier am erfolgreichsten? Natürlich können Innovationen sowohl einen Gewinn als auch einen Verlust von Arbeitsplätzen zur Folge haben. Abhängig von der Art der Innovation, der Reife der Technologie und der Rahmenbedingungen am Standort wirken mehrere Mechanismen.Eine Beweisführung ist deshalb nur entweder für ausgewählte Innovationen - oder - in Form eines Vergleichs mit anderen Industriestaaten möglich: Im internationalen Vergleich zeigt sich tatsächlich ein systematischer Zusammenhang zwischen Forschungsaktivitäten und Wirtschaftswachstum. So steigerte Finnland zwischen 1994 und 2001 die Forschungs- und Entwicklungsaufwendungen um durchschnittlich 10 % p.a. und erreichte ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 4 %. In Deutschland erreichten wir mit einer Steigerung der F&E - Ausgaben von 3 % in diesem Zeitraum ein jährliches Wirtschaftswachstum von 1,6 % - und - verloren Arbeitsplätze. Es scheint also entscheidend zu sein, in welchem Ausmaß die Innovationstätigkeit in neuen Feldern stattfindet, um so den kaum vermeidlichen Verlust an anderer Stelle zu kompensieren. Es gilt daher alle Innovationsquellen nutzbar zu machen.

Woher kommen nun die erforderlichen Innovationen? 37 % der Unternehmen meinen, die notwendigen Innovationen kämen hauptsächlich aus ihrer F&E-Abteilung. Das entspricht unserem traditionellen Verständnis von "Hightech". Tatsächlich entstehen immer mehr Innovationen aus der genauen Analyse der Kundenanforderungen, einem intensiven Wettbewerbsvergleich, aus der Beantwortung gesellschaftlicher Trends und auch aus rechtlichen und politischen Restriktionen: "Kundenorientierung" ist mittlerweile ein altes Schlagwort. Die genaue Kenntnis der Kundenwünsche jedoch ist weiterhin eine Herausforderung für deutsche Unternehmen. Wir verlieren nach wie vor mehr Wettbewerbsfähigkeit durch Overengineering, als durch die beklagten Standortfaktoren. Auch der Blick über den Tellerrand sollten wir noch üben: Kaum etwas fordert Entwickler und Ingenieure mehr heraus, als notwendige die Einsicht, dass das Gleiche auch anders geht und häufig auch besser und billiger. Schließlich lassen sich auch viele gesellschaftliche Trends weniger als Bedrohung interpretieren, sondern als Chance, Innovationen hervorzubringen. Die demographische Entwicklung in Deutschland ist auch eine Chance für innovative Produkte. Und die Verknappung fossiler Ressourcen sollten wir in erster Linie auch als Ansporn für neue Ideen sehen. Die Potenziale sind vorhanden - es gilt sie für mehr Beschäftigung nutzbar zu machen.

Vielleicht müssen wir Deutschen wieder neu lernen, was Goethe bereits erkannte: "In der Idee leben heißt das Unmögliche behandeln, als wenn es schon möglich wäre."

Literatur

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