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Overengineering von Produkten: Vermeidung durch Conjoint Measurement

[15.09.2004]

Foto: alphaspirit / fotolia.com
Durch den verstärkten Wettbewerbsdruck wird die konsequente Ausrichtung von Produkten auf die Anforderungen des Kunden für alle Unternehmen zur Pflicht. Und dabei gilt: „perfekt" aus Unternehmenssicht heißt nicht gleich „perfekt" für den Kunden. Denn der Erfolg von Produkten und Dienstleistungen wird letztendlich im Kopf des Konsumenten entschieden. Es kommt deshalb besonders darauf an, Wahrnehmung und Einstellung von bestehenden und potentiellen Kunden genau zu analysieren. Wird dieses aus Kosten- oder Ressourcengründen vermieden, entsteht häufig Overengineering. Das angebotene Produkt oder die Dienstleistung weist dann eine höhere Qualität auf, als der Kunde letztendlich will und zu zahlen bereit ist. Durch eine gezielte Trade-off-Befragung kann dieses Defizit behoben werden und Unternehmen stellen sicher, dass sie nicht mit ihren Produkten am Markt „vorbei" produzieren.

Overengineering lässt sich durch eine gezielte Aufnahme von Kundenbedürfnissen vermeiden. Um Produkte und Dienstleistungen noch besser auf die Bedürfnisse der Kunden auszurichten, ist eine genaue Kenntnis der Kundenanforderungen notwendig. Durch die Ermittlung der Interessen und Schwerpunkte aus Kundensicht, gelingt es letztendlich, teures Overengineering zu umgehen und statt dessen in Merkmale zu investieren, die der Kunde zur Kaufentscheidung heranzieht oder evtl. sogar gar nicht erwarten würde. Denn im Stadium der Produktentwicklung und Konstruktionen werden häufig überteuerte Lösungen bezogen auf Material, Fertigung oder Service realisiert, ohne qualitativ hinreichende und doch preisgünstigere Alternativen zu prüfen. Durch entsprechende Conjoint Befragungen und statistische Analysen können die Bedürfnisse spezifischer Zielgruppen quantifiziert ermittelt und in den Entwicklungsprozess integriert werden.

Die Conjoint Analyse gibt Antwort auf folgende Fragestellungen:

  • Welche Produktmerkmale sind dem Kunden wie wichtig?
  • Welche Ausprägungen präferiert der Kunde, welche lehnt er ab?
  • Wie sieht das kundennutzenoptimale Produkt aus?
  • Wie ist das aktuelle Produkt im Vergleich zur Konkurrenz bezogen auf den Kundennutzen positioniert?
  • Welche Potenziale existieren, um den Kundenmehrwert zu steigern?

Ziel der Conjoint Analyse ist es somit, aus den Teilnutzwerten ein Gesamtbild zu schaffen und damit die Bedürfnisse der Kunden zu erkennen und vorherzusagen. Praktisch bedeutet dies, die Präferenzbildung der Befragten zu rekonstruieren, um diese für das eigenen Produkt zu nutzen. Die Kundenpräferenzstruktur eines Produktes wird dabei auf Teilnutzenwerte der realisierten Merkmalsausprägungen zurückgeführt. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Gesamtnutzen des Produktes, welches die Kunden bevorzugen, sich aus diesen Teilnutzenwerten seiner Eigenschaftsausprägungen zusammensetzt. So lassen sich Nachfragepräferenzen individuell evaluieren, darauf aufbauende Segmentierungen vornehmen und - sofern Informationen über Wettbewerbsangebote hinzugefügt werden - Tendenzaussagen über die Erfolgschancen alternativer Marktstrategien ableiten.

Die Anwendungsgebiete von Conjoint Befragungen umfassen alle Bereiche des B-to-B und B-to-C in Dienstleistung, Handel und Industrie. Zentrale Handlungsrelevanz haben die Ergebnisse von Kundenbefragungen in den Bereichen strategisches und operatives Marketing, Vertriebssteuerung, QM, CRM und Controlling. Zudem liefern die Ergebnisse der Conjoint Befragung gezielte Vorgaben für die Entwicklung. Die Entwickler können sich an den ermittelten relativen Wichtigkeiten von Merkmalen und Teilnutzenwerten der Merkmalsausprägungen bei der Produktkonzeption orientieren. Dadurch wird sichergestellt, dass schon im Entwicklungsprozess explizit Kundenanforderungen berücksichtigt werden.

Die systematische Beantwortung dieser Fragestellungen durch die Conjoint Analyse ermöglicht es, die vom Kunden wahrgenommenen produktbezogenen Stärken und Schwächen transparent zu machen und frühzeitig in den Entwicklungsprozess zu integrieren. Die Ergebnisse der Conjoint Analyse liefern wertvolle Daten für die Entwicklung und ermöglichen es, das Produkt in der Entwicklungs- oder Neukonzeptionsphase gezielt an die Marktanforderungen anzupassen und so überteuerte, aber letztendlich vielleicht nicht kundengerechte Funktionslösungen zu vermeiden.

Sowohl in gesättigten als auch in neuen Märkten lassen sich so Produktkonzepte optimieren und exakt auf die Bedürfnisse der Konsumenten abstimmen. Aus Fallstudien ist erkenntlich, dass 12-15% der Kosten durch eine Conjoint Analyse gezielt gesenkt werden können, ohne dabei den Kundennutzen einzuschränken.

Weiterführende Literatur:

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