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Reduzierung der Durchlauf- und Bearbeitungszeiten durch die Reorganisation des Auftragsabwicklungsprozesses

[24.08.2010]

Foto: WavebreakmediaMicro / fotolia.com

Der Betrachtungsumfang des Auftragabwicklungsprozesses ist in den meisten Industrieunternehmen nicht eindeutig abgegrenzt. Die Abgrenzung ist abhängig von der Komplexität der produzierten Anlagen. Bei komplexen Produkten reicht der Auftragsabwicklungsprozess bis hin zur Inbetriebnahme der Anlagen beim Kunden. Notwendige Bedingung für einen reibungslosen Prozessdurchlauf ist die eindeutige Definition aller immanenten Schnittstellen, Verantwortlichkeiten sowie Zeitvorgaben.

Bei dem untersuchten Unternehmen handelt es sich um einen international agierenden Hersteller im Bereich Verpackungsmaschinen. Das Unternehmen hat die Bestrebung die hohen internen Komplexitätskosten zu senken und eine Neujustierung des Produktprogramms in Richtung Standardisierung und marktgerechten Lieferzeiten zu realisieren. In der Vergangenheit war der Auftragsdurchlauf von einer sehr hohen Änderungs- und Störintensität charakterisiert. Dies wurde zum einen durch die hohe interne Variantenvielfalt verursacht, zum anderen durch das Einlasten ungeklärter Aufträge. Die ungeklärten Aufträge führten zu permanenten internen und externen Rückkopplungsschleifen. Die daraus resultierende lange Durchlaufzeit gab dem Kunden die Möglichkeit auch während des Prozessdurchlaufs Änderungen am Auftrag vorzunehmen. Dieser Teufelskreis, der die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens stark bedrohte, wurde durch eine stringente und effiziente Strukturierung des Auftragsabwicklungsprozesses bezwungen.

Zunächst wurde eine klare Trennung der Verantwortlichkeiten zwischen dem Vertrieb und der technischen Projektierung geschaffen. Dies bedeutet, dass die kaufmännische und technische Auftragsklärung dem Vertrieb obliegt und nur geklärte Aufträge an die Technik übergeben werden. Das dafür notwendige technische Know-how wurde adäquat im Vertrieb aufgebaut. Die Lieferzeit für den Kunden beginnt erst nach der vollständigen Auftragsklärung. So gelang es dem Unternehmen die Kundenprobleme, beispielsweise die rechtzeitige Beistellung notwendiger Zeichnungen, nicht mehr zu internalisieren. Die Schnittstelle zwischen Vertrieb und technischer Projektierung wurde durch die Implementierung eines Quality Gates robust gestaltet. In dem Quality Gate werden alle erforderlichen Informationen der Technik adressiert und dadurch ein stringentes und klärungsfreies Arbeiten ermöglicht. Nach der Kalkulation der kompletten Werkzeugsätze der Maschine wird mit der Auftragsbestätigung der Kunde über den Design Freeze informiert. Der Design Freeze liegt vor dem Beginn aller wertschöpfenden Tätigkeiten. Die in der Vergangenheit oftmals stattfindenden internen und externen Design Reviews waren nunmehr obsolet. Die produzierten Anlagen werden in der Regel mit kundenindividuellen Werkzeugsätzen ausgeliefert. Dies gilt als Kernkompetenz und ist vor allen Dingen im After-Sales-Bereich der zentrale Erfolgsfaktor. Für die Realisierung einer kurzen Durchlaufzeit ist es absolut notwendig gewesen, die limitierte Ausrüstung im Neumaschinenprozess analog der Durchlaufzeit im Nachlieferprozess zu priorisieren. Aufgrund der langen Beschaffungszeiten einiger genutzter Teile wurde auch eine auftragsneutrale Vorproduktion auf dieser Teileebene eingeführt. Die entstehenden Lagerkosten sind durch einen stetigen Auftragsdurchsatz und der sich dadurch verkürzenden Durchlaufzeit wirtschaftlich tragfähig. Strukturell wurde ferner der Zeitpunkt der Bedarfsauslösung der nicht bevorrateten Komponenten parallelisiert. Im vorigen Prozessdurchlauf lief dies sequentiell ab, was durch die gegenseitige Beeinflussung der Elektro-, Konstruktions- und Werkzeugkomponenten eine hohe Störanfälligkeit hatte.

Im Ergebnis wurde durch die Änderungen im Auftragsabwicklungsprozess erhebliche Potenziale im Bereich Durchlauf- und Bearbeitungszeiten realisiert. Die Durchlaufzeit, die sich unmittelbar auf die Lieferzeit für den Kunden auswirkt, wurde um mehr als 50% reduziert. Durch die Reduzierung der Bearbeitungszeit um knapp 30% konnte dem Kunden ein attraktiver Preis angeboten werden. Darüber hinaus wurden bestehende Prozessrisiken gesenkt, Schnittstellen reduziert und redundanten Tätigkeiten eliminiert.

Weiterführende Literatur

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