[25.06.2018]
Bis heute hat der wissenschaftliche und technologische Fortschritt drei industrielle Revolutionen hervorgerufen, die durch "kreative Zerstörung" die Wirtschaftstheorie und Unternehmenspraxis verändert haben. Die Welt steht heute vor der Herausforderung der vierten technologischen Revolution – der Industrie 4.0. Getrieben durch die Digitalisierung, zeichnet sie sich dadurch aus, dass neue, verschiedene Datenquellen entstehen und miteinander verknüpft werden. Maschinen beginnen mit anderen Maschinen zu kommunizieren und der Mensch nimmt nach und nach eine neue Rolle im Produktionssystem ein. Infolgedessen ergeben sich veränderte Informationsströme, die durch mehr Interaktionen und Transaktionen charakterisiert sind. Die Konnektivität steigt und die Integration von Daten, Menschen, Prozessen, Diensten und Systemen schafft so eine intelligente Fabrik und neue Produktionsökosysteme. Auch die Etablierung von Cyber-physikalischen Systemen zeigt sich unter anderem in einer Erhöhung der Konnektivität. Die mit dem Internet verbundenen Geräte haben sich in den letzten 10 Jahren alle 5 Jahre verdoppelt. Immer mehr Produkten wird eine „digitale Seele“ eingehaucht. Die Produkte und Maschinen, die wir erschaffen, werden dadurch komplexer aber auch personalisierter.
Wie wird der Wandel, der sich in der Industrie ankündigt, die Arbeitswelt verändern? Sehr wahrscheinlich ist, dass es branchenübergreifende Veränderungen sein werden. Geschäftsmodelle, Strategien, Mitarbeiterkompetenzen und die gesamte Gesellschaft werden von den Einflüssen der Industrie 4.0 betroffen sein.
Produktionsunternehmen im klassischen Sinne werden sicher am Markt bleiben. Aber die etablierten Akteure werden zweifellos ihre Organisationen, Prozesse und Fähigkeiten verändern; ganz oder teilweise während der industriellen Revolution. Bislang waren es insbesondere die Branchenriesen wie Siemens, die die digitale Transformation vorangetrieben haben. Der Mittelstand wird jedoch kurzfristig nachziehen. Aktuell wird er durch ein wenig industrietaugliches Internet ausgebremst. Es wird aber neue Wettbewerber geben, die mit radikal neuen industriellen Geschäftsmodellen aufwarten.
Neue Umwandlungstechnologien wie z.B. das Internet oder Mobiltelefone wurden nicht erfolgreich, nur weil sie neu waren, sondern weil auf sie auch ein gesellschaftlicher Wandel folgte. Das Internet als Technologie hat keine sozialen Netzwerke erfunden, aber die sozialen Netzwerke haben sich dank dem Internet etablieren und sich weiter entwickeln können. Dasselbe gilt für die Industrie 4.0. Denn sie wird neue Rahmenbedingungen schaffen, welche die Spielregeln für die Industrieunternehmen verändern werden.
So ist zu erkennen, dass sich die Produktionssysteme mehr und mehr umstellen und sich auf die Endverbrauchermärkte anpassen. Die „One-size-fits-all“ Produktstrategien sind veraltet. Die Kunden verlangen unterschiedliche Wertschöpfung in den Produkten und wollen hochindividualisierte Produkte. Das physische Produkt rückt aus dem Fokus, seine Nutzung und damit sein Mehrwert stellt sich in den Vordergrund. In der Fabrik von morgen verschmelzen Informationstechnik, Telekommunikation und Fertigungsindustrie. Maschinen werden smarter und die Prozesse agiler.
Digitale Technologien ermöglichen es, die Kunden in allen Phasen des Produktlebenszyklus mit einzubeziehen. Der Kunde ist damit nicht alleiniger Geschäftszweck, sondern wird dadurch zu einem kreativen Partner, der zur Innovationstätigkeit des Produktes beiträgt. Ermöglicht wird dies durch eine vernetzte Produktion oder auch Smart Factory. Mit Hilfe von Software werden Maschinen und Anlagen vernetzt, sodass sie den Produktionsplan, den eigenen Zustand und den der angrenzenden Betriebsmittel jederzeit kennen sowie die Arbeitsschritte automatisiert aufeinander abstimmen. Diese Vernetzung erfolgt sowohl innerhalb einer Fabrik, aber vor allem innerhalb von Wertschöpfungsnetzwerken. Diese Netzwerke bestehen aus mehreren Werken eines Unternehmens sowie den Produktionsstätten seiner Zulieferer und seiner Kunden.
Die Industrialisierung hat sich auch dadurch entwickelt, dass sich Unternehmen auf einzelne wertschöpfende Prozesse spezialisiert haben. Jedoch mit Hilfe der Digitalisierung und der dadurch höheren Automatisierung können neue Geschäftsmodelle entstehen. Ein deutscher Industriezulieferer hat sich auf kleine Serien und Prototypen spezialisiert. Das Portfolio ist ganz auf den Kunden zugeschnitten: Manche Bauteile werden komplett hergestellt, bei anderen nur bestimmte Arbeitsschritte. Grund für dieses Modell ist Agilität, die das Unternehmen dadurch erlangt. Wer sich in der Branche auf ein Bauteil spezialisiert und es in großer Stückzahl herstellt, muss hohe Summen in die Serienfertigung investieren. Das macht abhängig vom Geschäft der großen Player in der Branche und birgt deshalb Risiken etwa, wenn das Bauteil dann früher als gedacht nicht mehr gebraucht wird.
Eine digitalisierte Supply Chain zeichnet sich dadurch aus, dass sämtliche Prozesse transparent werden. Somit werden auch Kosten sichtbar die bislang versteckt geblieben sind: Sicherheitsbestände und Working Capital, Maschinenauslastung, Prozessschleifen, Logistikkosten, Komplexitäts- und Qualitätskosten aber auch Instandhaltungsprozesse, die durch preventive Maintenance verbessert werden. In allen Bereichen sind Verbesserungsspannen von 10-30 % aber auch 60-70% möglich.
Die Industrie 4.0 bietet viele neue Möglichkeiten, digitale Zwillinge, maschinelles Lernen, vorausschauende Wartung, intelligente Materialien sowie vernetzte und kollaborative Roboter (sogenannte Cobots). Unternehmen jeder Größe haben dadurch heute eine Vielzahl von High-Tech-Lösungen zur Auswahl mit der sie die Zukunft gestalten können. Aber oft fällt es ihnen schwer vorherzusagen, welchen Wert diese Art von Lösungen haben könnten. Auf dem Münchner Management Kolloquium stellen über 80 renommierte Manager und Führungskräfte aus unterschiedlichen Branchen solche Lösungskonzepte vor – www.management-kolloquium.de.