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TCW Logistik Studie über die zukünftige Bedeutung der Logistik für Automobilhersteller

[13.02.2003]

Foto: alphaspirit / fotolia.com
In Zusammenarbeit mit einen führenden deutschen Automobilhersteller wurde vom TCW eine Studie über die zukünftige Bedeutung der Logistik mit einer Definition der logistischen Handlungsfelder und deren zukunftssicheren Ausgestaltung durchgeführt. Die Ergebnisse sind:

Eine am Kunden orientierte, leistungsfähige Logistik wird zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor für Automobilhersteller. Das Zusammenspiel und die gegenseitige Verstärkung logistikrelevanter Trends in der Automobilindustrie revolutionieren das Anforderungsprofil und die Bedeutung der Logistik. Logistik muss diesen neuen Anforderungsstrukturen auf vier wesentlichen Gestaltungsfeldern begegnen können.

  • Anlauflogistik und Änderungsmanagement

    Die zunehmende Individualisierung der Automobile verbunden mit erhöhten Innovationsansprüchen, sinkender Leistungstiefe im Produktions- und Entwicklungsbereich sowie einer verkürzter Time-to-market lassen die Komplexität in der Anlauflogistik drastisch steigen. Führende Automobilhersteller haben ihre Anlaufphase von 15 auf 3 Monate bei einer sinkenden Entwicklungstiefe reduziert. Flankiert durch den Trend sich verkürzender Produkt­lebens­zyklen hat diese Entwicklung die Häufigkeit und Bedeutung von Produktneuanläufen deutlich in die Höhe schnellen lassen. Hieraus ergibt sich die Forderung nach einer optimalen Verzahnung von Produktentstehungsprozess und Produktionsanlauf. Die frühe Integration der Logistik in den Entwicklungsprozess bietet Einflussmöglichkeiten bezüglich einer logistikgerechten Produktgestaltung (Design-to-Logistics). Schon bei der Aufsetzung der Produktordnungssysteme in der Entwicklungsphase müssen logistische Aspekte beachtet werden. Die Anlauflogistik sieht sich hier als eine führende Querschnittsfunktion über den Produktentstehungs-, Kundenauftrags- und Materialbeschaffungsprozess und hat den Anspruch und die Verantwortung der Optimierung aller logistischen Prozesse bis zur Übergabe in die Serie. Über einen koordinierten Übergabeprozess zur Serienlogistik kann dieser Querschnittsanspruch im Tagesgeschäft gehalten werden.

    Dieselben Entwicklungen erhöhen auch die Anforderungen an das Änderungsmanagement. Insbesondere der Anspruch technische Innovationen schnell an den Markt zu bringen, erschweren die Komplexitätsbeherrschung im Änderungsmanagement. Es gilt die Schnelligkeit gelebter Schattenprozesse mit der Prozesssicherheit dokumentierter Standard­prozesse zu kombinieren. Grundlage muss eine einheitliche und durchgängige Datenbasis mit einer eindeutigen Teilebezeichnung innerhalb des gesamten Zuliefernetzwerkes sein. Diese muss Änderungen eindeutig dokumentieren und nachvollziehbar machen sowie dafür sorgen, dass sich Änderungen im Anlauf- und Produktionsprozess nicht überholen können. Durch die konsequente Nutzung dieser Datenbasis durch alle Akteure wird eine effiziente Koordination der Änderungen in der Supply Chain und eine störungsfreie Produktion möglich. Gesetzes­änderungen bezüglich der Produkthaftung nehmen dem Änderungsmanagement dies­bezüglich jede Wahlmöglichkeit. Die lückenlose Dokumentation wird zu einem Muss.

  • Constraint und Supply Chain Management

    Auf die Bedeutung einer unternehmensübergreifend prozessorientierten Logistik zielt der ganzheitliche Ansatz des Supply Chain Managements. Die Konzentration auf Kernkompetenzen führt zu einem steigenden Fremdleistungsanteil und zur zunehmenden Zersplitterung der Wertschöpfungsaktivitäten in Unternehmensnetzwerken. Dies gilt für originäre Produktions­leistungen, als auch Service- oder Entwicklungsleistungen. Damit rückt vor dem Hintergrund wachsender Kundenanforderungen an Lieferzeit und –flexibilität die Notwendigkeit einer intensiveren Zusammenarbeit zwischen Herstellern und ihren Zulieferern weiter in den Vordergrund. Die entstehenden Versorgungs- und Produktionsnetzwerke und die steigenden Beschaffungsvolumina erfordern ebenso wie die durch Reduzierung und Konsolidierung der Lagerstufen gekennzeichnete Distribution der Produkte an den Endkunden eine zielgerichtete und effiziente Auslegung und Koordination der Supply Chain. Dies bedeutet den Aufbau der Beurteilungskompetenz der Lieferanten, damit Informationsregelkreise über die Lieferanten­stufen aufgebaut werden können. Diese müssen über standardisierte Prozesse und Schnittstellen zu den Lieferanten abgewickelt werden. Auf diese Weise werden Engpässe unternehmensübergreifend frühzeitig erkannt und eliminiert. Klare Verantwortlichkeiten werden unternehmensübergreifend zugeordnet und spezifische Notfallstrategien zur Vermeidung von Task Force Einsätzen und Sonderaktionen werden definiert. In diesem Rahmen wächst auch die Bedeutung eines Constraint Managements in der Supply Chain. Dieses macht ein proaktives Erkennen von kritischen Versorgungsprozessen und ein Vermeiden von potenziell entstehenden Engpässen möglich. Bestehende und zukünftige Lieferantenkapazitäten werden somit bereits in der Programmplanung berücksichtigt. Dies beinhaltet die Fähigkeit, eine steigenden Anzahl von Partnern bei der Kapazitätsplanung zu berücksichtigen.

  • Materialbeschaffungsprozess

    Der Materialbeschaffungsprozess wird durch globalen Einkauf und Produktion, sinkende Wertschöpfungstiefe, zunehmende Variantenvielfalt und die Konzentration auf Kern­kompetenzen deutlich komplexer. Daraus resultieren längere Transport- und Reaktionszeiten. Die absatzmarktseitig geforderte Lieferzeit hingegen verkürzt sich durch hohen Wett­bewerbs­druck und verändertes Nachfrageverhalten. Es gilt, die Beurteilungskompetenz für die Supply Chain der Lieferanten, sowie die Steuerungskompetenz der 1st Tier Lieferanten zu verbessern. Die Verantwortung der operativen physischen Logistik, also der eigentlichen Lagerung und des Transportes, wird dabei mehr und mehr abgegeben und durch Lieferanten und externe Logistikdienstleister abgewickelt.

  • Integriertes Messkonzept

    Für eine proaktive Steuerung der logistischen Prozesse ist ein integriertes Messkonzept nötig, das Wirkungszusammenhänge zwischen logistischen Aktionen und erfolgswirtschaftlichen Größen visualisiert und kontrolliert sowie kontinuierliche Verbesserungsprozesse ermöglicht. Dabei ist das Logistikcontrolling nicht einseitig auf die Verfolgung der Logistikkosten fokussiert, es versteht sich vielmehr als Steuerungsfunktion innerhalb der gesamten Supply Chain. Das Messkonzept muss ein Lieferantenbewertungstool mit Steuerungskennzahlen enthalten, die ein Monitoring und Clearing der gesamten Wertschöpfungskette ermöglichen und somit der Logistik eine führende Funktion in der Steuerung und Komplexitätsbeherrschung der Supply Chain zuweisen.

Weiterführende Literatur:

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