[10.02.2011]
Diese Fragen werden immer dringlicher: Sollen die weitermachen, die alles verursacht haben? Welcher Typus von Managern wird für 2010 gebraucht? Was sind die krisenresistenten Organisationsformen? Wie muss gutes Management nach den Erfahrungen der dunklen Jahre 2008 und 2009 aussehen? Von den Antworten auf diese Fragen hängt es ab, ob mittelfristig die Entscheidung für einen verantwortungsvollen Kapitalismus oder für das Ende desselben fallen wird. Dabei ist heute schon klar: Nur eine Revitalisierung des Unternehmertums mit sozialer Verantwortung kann uns alle vor dem ultimativen Crash bewahren. Bei jedem Manager muss die Geldgier aus dem Katalog der „Kulturgüter“ wieder gestrichen werden. Das ist kein Katastrophismus, sondern die blanke Wahrheit: Ohne diese grundsätzliche Neuausrichtung wird der Kapitalismus in der Demokratie nicht mehr lange möglich sein.
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Dennoch sollten die niederschmetternden Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit den Blick nicht darauf verstellen, dass gerade in Deutschland das solide Unternehmertum noch immer weit verbreitet ist. Die deutsche Wirtschaft besteht eben nicht nur aus ein paar Großbanken und Konzernen, sondern zum größten Teil aus mittelständischen Firmen, häufig in Familienbesitz. Ihr wesentlicher Vorteil liegt darin, dass Haftung, Verantwortung und Entscheidung zusammengeblieben sind. Der persönlich haftende Gesellschafter einer Privatbank wird nicht für etwas haften wollen, bei dem die Risiken nicht mehr nachvollziehbar sind. Auch ein mittelständischer Industrieller geht zumeist nur Risiken ein, die überschaubar und verkraftbar sind. Was im Übrigen nicht heißt, dass nicht auch in familiengeführten Unternehmen Missmanagement – Beispiel: Oppenheim – vorkommen kann. Im Gegensatz zu diesem mittelständischen Konzept steht das der anonymen Kapitalgesellschaft, im Wesentlichen also die GmbHs und die Aktiengesellschaften. Sie haben den gravierenden Nachteil, dass Haftung und Entscheidung nicht mehr in einer Hand liegen. Zwar überwiegen etwa bei einer Aktiengesellschaft im Prinzip die Vorteile den Haftungsnachteil. Aber auch nur „im Prinzip“. Ist es doch unbestreitbar, dass in der jüngeren Vergangenheit und im Gefolge der Globalisierung die Selbstherrlichkeit des Managements in manchen Aktiengesellschaften groteske Formen angenommen hat. Erkennbar an der Höhe der Vergütungen, zusätzlichen Boni, astronomischen Abfindungen und ähnlichen größenwahnsinnigen Aktionen.
In diesen Tagen wird wieder darüber diskutiert, wie man derlei Auswüchse vermeiden kann. Dabei ist die Lösung relativ einfach. Sie besteht nicht in der Begrenzung von Gehältern durch den Gesetzgeber – die hat den bösen Geruch von Planwirtschaft und ist doch kaum kontrollierbar. Im Vordergrund aller Maßnahmen muss vielmehr eine bessere Kontrolle der Vorstände durch ein unabhängiges Gremium stehen. Durch den Aufsichtsrat. Die mangelhafte Kontrolle der Vorstände durch eine übergeordnete Instanz ist die eigentliche Ursache für die Auswüchse der vergangenen Monate. Die Schuld daran tragen eindeutig die Politiker. In seiner heutigen Form ist der Aufsichtsrat eine Verzierung ohne Machtbefugnisse. Deshalb muss der Gesetzgeber endlich ein Aktiengesetz formulieren, dass die Kontrolle des Vorstandes durch den Aufsichtsrat zu einer echten Kontrolle macht. In dem bisherigen System tut einer dem anderen nicht weh und beide bezahlen sich großzügig – ein seit Jahren anhaltender übler Missstand. In solchen Großunternehmen wird gerne über die Rendite und die Höhe der Dividenden gesprochen. Das ist in Ordnung. Aber auch nur im Prinzip. Denn häufig sind die finanziellen Kennzahlen vollkommen in den Vordergrund gerückt. Der eigentliche Unternehmenszweck kommt unter „ferner liefen“. So findet eine Pervertierung des Unternehmertums statt. Dieser Vorgang wurde geradezu mustergültig von den jetzt krisengeschüttelten Banken, insbesondere den Landesbanken, vorgelebt. Der Rendite wegen wurden Milliardenbeträge um den Globus verschoben. Der eigentliche Zweck des Unternehmens – die Förderung des deutschen Mittelstandes, also die Vergabe von richtigen Krediten an die richtigen Unternehmen - war Nebensache geworden. Man nennt das inzwischen „Kasinomentalität“. Dieser Begriff ist viel zu harmlos. Es handelt sich um Irrsinn. Darin unterscheiden sich mittelständische Formationen ganz eindeutig von den Großunternehmen. Die Mittelständler denken viel stärker in Innovationen und in Strategien zur Markteroberung, also in authentisch unternehmerischen Dimensionen.
Wir werden in der Zukunft von der Kultur und von den Strategien, von der Denkweise und von den Organisationsformen der mittelständischen Unternehmen und Banken viel lernen können. Lernen müssen. Ihre Fähigkeiten zu überleben sind viel ausgeprägter als bei den Großunternehmen. Und sie bieten reichlich Anschauungsmaterial in Sachen Unternehmenskultur. Das stimmt auch in Hinblick auf die Globalisierung. Trotz der sich abzeichnenden Rezession wird es ja ein „Zurück“ aus der globalisierten Welt noch weniger als vorher geben. Umso dringender stellen sich die Fragen nach der Rolle des Unternehmertums. Und nach und der richtigen Positionierung der Unternehmer im Unternehmen. Hier gilt es, einen Rahmen abzustecken, in dem ein Unternehmen und dessen Management global wie regional koordiniert handeln kann. Aber mindestens so unverzichtbar ist eine Unternehmenskultur mit gemeinsamen Werten. Damit wir uns nicht wieder diese Pennäler-Ausreden anhören müssen.