Modularisierung von Produkt und Produktion im Hausbau

Neue Wohnraumlösungen

Die Bauindustrie steht vor einem Problem: Zwischen 185.000 bis 400.000 neue Wohneinheiten pro Jahr. So unterschiedlich die Bedarfsprognosen für Deutschland auch sein mögen, eines ist klar: Die öffentliche Hand ist derzeit ganz besonders gefordert, schnell neuen Wohnraum zu schaffen, der günstig und menschenfreundlich ist. Bisher ist Bauen jedoch ein eher langsamer Prozess und zumeist auch aufgrund zahlreicher Qualitätsmängel und Abstimmungsprobleme teuer. Alle Versuche den Hausbau auf ein industrielles und gleichzeitig architektonisch wertvolles Niveau zu heben, sind bislang erfolglos geblieben. Der Hauptpunkt des Scheiterns liegt an der bislang erachteten Notwendigkeit zur Uniformierung, denn anders war bis heute kein industrieller Hausbau profitabel zu betreiben. Dem gegenüber stehen immer stärker individualisierte Anforderungen von immer neuen Kundengruppen, welche eine flexible Gestaltung des Produkts fordern.

Die Lösung kann in einer anderen Branche gefunden werden: Der Automobilindustrie. In hochflexiblen Werken entstehen auf nur einer Produktionslinie Hunderte von Fahrzeug-Versionen mit einem Grad an Kosteneffizienz, der vor wenigen Jahren sicher nicht erreichbar gewesen wäre. Das Erfolgsgeheimnis steckt in der Modularisierung, bei der komplexe Gesamtstrukturen in einzelne, separat koordinierbare Module unterteilt werden, die zu sich zu individuellen Produkten zusammenfügen lassen. Im Rahmen eines Beratungsprojekts wurden die Ansätze der Modularisierung auf die Bauindustrie übertragen, um die Herausforderungen zu überwinden und individuelle Häuser industriell zu fertigen, die flexibler, kostengünstiger und qualitativ hochwertiger sind als im konventionellen Hausbau.

Kundenintegration durch Modularisierung

Neben der Möglichkeit eine hohe Variantenvielfalt anbieten zu können, kann durch die Modularisierung der Kunde stärker in den Planungsprozess integriert werden. Mit Hilfe des Produktkonfigurators wird ein individuelles Haus entworfen. Der Konfigurator prüft während des Planungsprozesses die Plausibilität des entworfenen Hauses und informiert den Kunden ad hoc bei Fehlern. Neben der Konfiguration des Hauses übernimmt der Konfigurator auch die Generierung von Stücklisten für die Produktion, die Erstellung aller notwendigen baurechtlichen Dokumente und spricht Empfehlungen für die passende Versicherung aus. Auf diese Weise werden Cross-Selling-Potentiale im Servicebereich realisiert.

Effiziente Produktion und schneller Bau

Ein bis ins letzte Detail organisierter Produktionsprozess ermöglicht eine effiziente Fertigung und eine schnelle Montage der Module. Der Variantenentstehungspunkt wird spät im Entstehungsprozess angesiedelt, um einen hohen Standardisierungsgrad im Produktionsprozess zu ermöglichen. So lassen sich über 80% der gesamten Wertschöpfung vorfertigen. Die ebenfalls durch die Software angesteuerte Baustellenlogistik und Planung der Gewerke reduzieren den Montageaufwand vor Ort. Dies wird mitunter durch Baustellenzelte ermöglicht, welche den Aufbau wetterunabhängig machen. Darüber hinaus fallen erheblich weniger Kosten durch geringeren Energieverbrauch, Abfall und Bauschutt an.

Potentiale der Modularisierung im Hausbau

Die Praxiserfahrung sowie Studienergebnisse bestätigen, dass Unternehmen der Bauindustrie von der Modularisierung profitieren. Durch die modularisierte Produkt- und Produktionsgestaltung konnten Kosteneinsparungen von über 70% realisiert werden und die Qualität im gesamten Prozess signifikant gesteigert werden. Darüber hinaus wird der Auftragsabwicklungsprozess von der Bestellung bis zur Schlüsselübergabe des fertigen Hauses um 74% beschleunigt. Der Kunde kann das Haus entsprechend seiner Lebenssituation flexibel anpassen und Module ergänzen, zurückbauen oder altersgerecht umrüsten.

Das Konzept des modularen Hausbaus wurde in einem Fernsehbeitrag des 3sat vorgestellt und kann in der Mediathek angesehen werden.

Publikationen

• Modularisierung im Hausbau
  Studie
• Modularisierung im Hausbau - Konzepte, Wirtschaftlichkeit, Marktpotenziale
  Tagungsband des 1. Münchner Kolloquiums Modularisierung im Hausbau
• Modularisierung in Organisation, Produkten, Produktion und Services
  Vielfalt nutzen und optimieren