[14.07.2004]
Am Beispiel eines Unternehmens des Maschinenbaus sollen exemplarisch Handlungsfelder im Einkauf dargestellt und durchzuführende Maßnahmen innerhalb der dargestellten vier Phasen näher erläutert werden.
Das Unternehmen fertigt Maschinen und Anlagen für die kunststoffverarbeitende Industrie an sechs Standorten und unter mehreren Marken. Die einzelnen Standorte führen die Einkaufsaufgaben relativ selbstständig durch, eine Koordination des Marktauftritts des Einkaufs findet lediglich in einem jährlich stattfindenden Einkaufsleitertreffen statt. Zielsetzung bei der Erfassung der Ausgangssituation bestand in einer transparenten Messung der Einkaufsleistung und in einem internen Benchmarking. Als Ergebnis konnte festgestellt werden, dass der Methodeneinsatz zwischen den Standorten stark variiert. Die Benchmarkvergleiche zeigten Unterschiede beispielsweise bei der zu betreuenden Lieferantenanzahl und bei dem pro Einkäufer betreutem Beschaffungsvolumen. Starke Unterschiede zeigten sich ebenfalls bei der Nutzung von Rahmenverträgen. Der gravierendste Unterschied zeigte sich jedoch in der grundlegenden strategischen Ausrichtung der Beschaffungsstrategie: einige Standorte verfolgten eine partnerschaftliche Strategie mit Lieferanten, andere wiederum waren stark auf die Nutzung des Wettbewerbs ausgerichtet. Die Durchführung einer SWOT-Analyse an jedem Standort zeigte die Stärken und Schwächen auf.
Für die Zielplanung wurde der interne Best-Practice pro Gestaltungsfeld identifiziert und als Zielgröße definiert. Das so gebildete Best-Practice Referenzniveau wurde von keinem Standort erreicht, für jeden Standort bestand somit ein Potenzial. In einer zweiten Phase wurde das so identifizierte Leistungsniveau mit Best-Practice Vorgehensweise der Branche als auch branchenübergreifend verglichen. Aus diesem Vergleich konnten weitere Leistungslücken identifiziert werden. Mit Hilfe einer Machbarkeitsstudie wurde untersucht, welche Methoden und Instrumente übertragbar waren. Als Ergebnis wurden die Potenzialwirkungen abgeschätzt, die aus der Realisierung des Best-Practice Leistungsniveaus resultieren.
Das dominante Einkaufsziel bestand in der Realisierung von Kostensenkungen. Als Unterziele wurden Zeit-, Qualitäts-, Flexibilitäts- und Innovationsziele definiert. Um ein Controlling der erreichten Ergebnisse zu ermöglichen, wurden die Zielgrößen auf Materialgruppen heruntergebrochen und den Materialgruppenverantwortlichen in Zielvereinbarungsgesprächen zugeordnet.
Nachdem die Ziele klar formuliert und definiert waren, wurde eine Einkaufsstrategie zur Erreichung der gesetzten Ziele erarbeitet. Die Anforderungen an eine solche Strategie und wesentliche Strategieelemente wurden zentral vorgegeben, die Ausgestaltung der Strategie erfolgte materialgruppenspezifisch. Der Materialgruppenmanager musste Aussagen für seine Materialgruppe hinsichtlich folgender Strategieelemente liefern:
Es waren Aussagen hinsichtlich des Methodeneinsatzes, einer Vorgehensweise, der Verantwortlichkeiten und Umsetzungsdauer zu treffen. Die Erarbeitung dieser Strategien erfolgte standortübergreifend in definierten Materialgruppenteams und wurde regelmäßig durch die Einkaufsleiter hinsichtlich Stringenz und Wirkungsrichtung überprüft.
Der größte Beitrag zu den Kostensenkungspotenzialen resultierte aus der Erweiterung des Beschaffungsradius auf Osteuropa und China. Die Abbildung zeigt die so identifizierten Hauptansatzpunkte mit den jeweiligen Potenzialen.
Die Umsetzung der Maßnahmen erfolgte innerhalb der definierten Materialgruppenteams. Durch diese Vorgehensweise konnten zeitraubende und aufwendige Übergabeprozeduren vermieden werden. Hier soll der Ansatzpunkt Global Sourcing näher betrachtet werden. Aufgrund der geringen Erfahrungen mit ausländischen Beschaffungsquellen und mit chinesischen Lieferanten im Speziellen wurde ein Besuch potentieller Lieferanten in China organisiert. Materialgruppenmanagern der Beschaffungsobjekte wurde so die Möglichkeit gegeben, die Leistungspotenziale ausgesuchter Lieferanten vor Ort zu auditieren und bereits Erstmuster zu beauftragen. Diese China Reise führte dazu, dass die zuvor bestehenden Bedenken deutlich reduziert werden konnten und ein Erfahrungsaustausch mit Einkäufern anderer Unternehmen stattfand, der half die Anlaufkurve steiler und effizienter zu gestalten.
Die Abbildung zeigt exemplarisch die Potenzialwirkung, die China Sourcing auf die Materialkosten besitzt. Das Umsetzungscontrolling erfolgte maßgeblich durch die Einkaufsleitung zusammen mit dem Unternehmenscontrolling. Die Basis bildete ein definiertes Berichtswesen mit ausgesuchten Kennzahlen und definierten Statusberichten. Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, differenzierte Berichtshierarchien und Berichtszeiträume zu definieren. Die hier geschilderte Vorgehensweise hat dazu geführt, dass Kostensenkungspotenziale von über 10%, bezogen auf das Beschaffungsvolumen, identifiziert werden konnten. Neben den Kostensenkungspotenzialen aus Material- und Prozesskosten konnte eine deutliche Leistungssteigerung des Einkaufs erzielt werden. Diese Leistungssteigerung zeigt sich hinsichtlich der Ausprägungen Innovationsfähigkeit, (interne) Kundenzufriedenheit und deutliche Reduzierung von Wiederbeschaffungszeiten bei den Beschaffungsobjekten. Mit Abschluss des Optimierungsprojektes wurden die Ergebnisse in eine unternehmensspezifische Balanced Scorecard zur strategischen Steuerung der Einkaufsaktivitäten überführt.