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Reorganisation des Einkaufs in stark diversifizierten Unternehmen

[04.07.2008]

Foto: sveta / fotolia.com
Die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen hängt insbesondere in produzierenden Unternehmen stark von der Leistungsfähigkeit der Einkaufsabteilung ab. Immer häufiger stoßen Unternehmen bei der Realisierung von Einkaufserfolgen aufgrund der Organisation ihres Einkaufs auf enge Grenzen. Die Organisation des Einkaufs ist bei vielen Unternehmen bedingt durch Diversifikationswellen der vergangenen Jahre stark dezentralisiert.

Die Schaffung schlanker und übersichtlicher Unternehmen war Ziel vieler Organisationsprojekte der 80er und 90er Jahre. Dabei wurden Redundanzen der Funktionen und damit verbundene Synergieverluste bewusst in Kauf genommen. Die Behebung der Defizite von stark dezentralisierten Unternehmensstrukturen war Gegenstand vieler Beratungsprojekte, die vom TCW in den letzten Jahren durchgeführt wurden. Bei einem unlängst durchgeführten Beratungsprojekt ging es um die Reorganisation des Einkaufs bei einem stark diversifizierten Maschinen- und Anlagenbauer. Fünf Geschäftsbereiche waren in den späten 90er Jahren von einander getrennt worden, um die Komplexität des Wertschöpfungsprozesses zu reduzieren. Die Produktion und Montage der fünf Geschäftsbereiche verteilt sich auf drei europäische Standorte, wobei sowohl Großserien als auch einzelne Anlagen hergestellt werden.

Der Projektauftrag bestand in der Konzeption und Umsetzung einer neuen Einkaufsorganisation, die zur Verbesserung des Einkauferfolges beiträgt. Eine Bestandsaufnahme der Einkaufsorganisation zeigte, dass die Einkaufsabteilungen der fünf Unternehmensbereiche nicht nur völlig autark voneinander agierten, sondern die Einkäufer auch räumlich auf alle drei Standorte verteilt waren. Die Abstimmung des Einkaufs der Geschäftsbereiche erfolgte unsystematisch und vornehmlich auf der Ebene der fünf Einkaufsleiter. Hinzu kam eine uneinheitliche Anwendung der Materialgruppenstruktur. Trotz der erheblichen installierten Kapazitäten war es den meisten Einkäufern nicht möglich, parallel zum operativen Tagesgeschäft Lieferanten- und Materialgruppenstrategien zu formulieren und diese zu umzusetzen.

Im Rahmen des Projektes wurden zunächst mögliche alternative Organisationsformen des Einkaufs auf ihre Stärken und Schwächen sowie auf ihre Umsetzbarkeit im konkreten Fall überprüft. Als ein wesentliches Ergebnis konnte festgehalten werden, dass die Eignung unterschiedlicher Organisationskonzepte im Einkauf (dezentraler Einkauf, zentraler Einkauf, Materialgruppenmanagement, Lead-Buyer Konzept, Trennung von Disposition, operativem und strategischem Einkauf) stark von der Art der Beschaffungsgüter und den Bedarfen der Geschäftsbereiche abhängt. In einem ersten Schritt wurde die Materialgruppenstruktur vereinheitlicht, um Transparenz über die Bündelungsfähigkeit und den Bündelungsgrad der Bedarfe zu erlangen. In einem zweiten Schritt wurde über eine Analyse der Mitarbeiterkapazitäten festegestellt, welche Mitarbeiter mit welcher Kapazität in den einzelnen Materialgruppen tätig sind.

Aufbauend auf diesen Analyseergebnissen wurde in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern festgelegt, welche Materialgruppen ausreichend homogen sind, um diese konzernweit über einen Lead-Buyer beziehen zu können. In einem weiteren Schritt wurden die Materialgruppen identifiziert, die zwar homogen sind, aber aufgrund spezifischer Anforderungen der Geschäftsbereiche nicht durch einen Lead-Buyer beschafft werden können. Für jede dieser Materialgruppen wurde ein Materialgruppenleiter definiert, der für die ihm zugeordnete Materialgruppen eine Konzernstrategie formuliert und die Umsetzung dieser Strategie in den unterschiedlichen Geschäftsbereichen verfolgt. Die verbleibenden Materialgruppen wurden eindeutigen Zuständigkeiten in der Einkaufsorganisation zugewiesen, so dass einzelne Einkäufer dezentral für diese Materialgruppen spezifisches Know-how aufbauen können. Lead-Buyer, Materialgruppenleiter und Einkäufer standortspezifischer Materialgruppen bekamen die Anweisung, ein standardisiertes Dossier für jede der ihnen zugeordneten Materialgruppen zu erstellen und halbjährig zu aktualisieren.

Zur Steuerung und Synchronisation dieser neuen Organisation wurde ein weiteres organisatorisches Element installiert. Es wurde vereinbart, im Rahmen eines monatlichen Procurement Boards die Materialgruppenstrategien vorzustellen, sowie deren Erfolge den fünf Einkaufsleitern vorstellen zu lassen, um diese zu verabschieden. Als Ziel wurde für jede Materialgruppe festgelegt, dass die Strategie und die Erfolge mindestens zwei mal jährlich vorgestellt werden.

Allein das durch die Lead-Buyer identifizierte Potenzial für ihre Materialgruppen versprach Reduktionen der Beschaffungskosten in diesen Materialgruppen um 9,5%.

Beratungsprodukte

Weiterführende Literatur

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