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Total Cost Controlling in Produktionsnetzwerken

[11.02.2013]

Foto: Mimi Potter / fotolia.com
Im Anlagenbau nimmt der Anteil fremdbezogener Leistungsumfänge stetig zu. Die eigene Wertschöpfung reduziert sich. Zulieferer wie Kunden sind global verteilt. Es stellt sich die Frage, wie das Produktionsnetzwerk weiterhin optimal aufgestellt werden kann, um passgenau auf veränderte Umfeldbedingungen reagieren zu können. Eine robuste und praxiserprobte Möglichkeit stellt die Etablierung eines umfassenden Total Cost Controllings dar, mit dem Ziel, mehr Transparenz im Netzwerk zu schaffen und einen probaten Ansatz zur Kostenreduzierung zu wählen.

Transferpreis versus Total Landed Cost

Für die Realisierung des Total Cost Controllings ist die Betrachtung der Total Landed Costs erforderlich. Die Optimierung des unternehmensweiten Produktionsnetzwerks, basierend auf Total Landed Cost (TLC), birgt eine Vielzahl von Vorteilen gegenüber reinen Transferpreismodellen (TP). Insbesondere im Anlagenbau, mit einer Vielzahl von intern wie extern beschafften Komponenten, gewinnt die Möglichkeit einer gesamthaften Kostenbetrachtung zunehmend an Bedeutung. Dies erscheint nicht weiter verwunderlich, werden die Möglichkeiten eines reinen Transferpreismodells mit denen eines umfassenden Total Landed Cost-Modells verglichen: Ein Transferpreismodell beinhaltet üblicherweise Kosten, die direkt auf Standorte, Produktionsstätten bzw. auf die Output-Menge allokiert werden können. Das aktuelle Geschäft kann hierbei durch das Controlling der Geschäftssegmente leicht nachvollzogen werden und Kostenarten sehr detailliert aufgenommen werden. Zukünftige Entwicklungsoptionen können aus Business-Plänen geplanter Standorte entnommen werden. Das Modell bildet die Kostenstruktur beginnend mit den Materialkosten bis hin zu den Kosten der Produktion ab (BOM, OPEX wie CAPEX). Dies ermöglicht eine Ex-Works-Betrachtung (EXW) der Produktionskosten. Hierdurch ergeben sich eine Vielzahl inhaltlich bedingter Einschränkungen:

  • Fehlende Integration umfassender Supplier-Optionen, inkl. Transportwege und Kapazitäten (EXW, DDU, DDP)
  • Fehlender Kunden-Markt-Bezug
  • Fehlende Abbildung des Produktionsnetzwerks
  • Fehlender End-to-End-Bezug (E2E)

 

Abbildung des unternehmensinternen Produktionsnetzwerks

Funktional bedeutet dies, dass Sensitivitäten einzelner Standorte zwar generell bewertet werden können, eine detaillierte Netzwerkbetrachtung aber schwer möglich ist. Hier setzt das Total Landed Cost-Modell an. Durch die komplette Abbildung des unternehmensinternen Produktionsnetzwerks kann eine sehr flexible Basis geschaffen werden, die zur Beantwortung verschiedenster strategischer Fragestellungen beiträgt. Hierbei werden Kosten sowie zusätzliche Informationen erfasst:

  • Für mögliche Top-Supplier werden Kapazitäten, mögliche Produkte sowie Kosten erfasst.
  • Je nachdem, ob es sich um EXW-, DDU- oder DDP-Preise handelt, können Transportkosten und Zölle für Supplier-Werk-Kombinationen hinzugefügt werden.
  • Die einzelnen Werke (oder auch Warenhäuser) setzen sich aus fixen wie variablen Kosten beliebiger Währung zusammen. Variable Kostenanteile basieren primär auf den Blue-Collar-Kosten. Fixe Kostenanteile (inkl. Abschreibungen) basieren auf generellen wie materialbezogenen Overhead-Kosten. Je nach Produktionsentscheidung, kann eine Allokation der Kosten auf die produzierten Produkte erfolgen.
  • Anschließend erfolgt der Transport einzelner Module zu späteren Werken in der Wertschöpfungskette oder des Endprodukts zum Kunden. Dabei fallen neben den direkten Transportkosten, auch Handling-Kosten, Kapital-Kosten oder auch Import-Zölle an.

Abbildung 1: Modellansatz

 

Vorteile von Total Landed Cost

Die umfassende Total Landed Cost-Betrachtung erlaubt es, neben der TP-Kalkulation, eine ganze Reihe weiterer Fragestellungen zu beantworten:

  • Bewertung der Gesamtkosten eines Produkts zum Kunden
  • Optimale Allokation der Module und Endprodukte zu den passenden Werken: Ist dies durch Local-Content-Requirements nicht möglich, können die „Kosten“ des Local Contents bestimmt werden. Es kann beantwortet werden welches Werk, optimal welche Märkte beliefert.
  • Durchführung von Stresstests
  • Bewertung der Sensitivität des Netwerks auf externe Einflüsse: Beispielsweise können die Auswirkungen von Demand-Schwankungen, Kapazitätsengpässe, steigende Transportkosten, Wechselkursschwankungen, Arbeitskostensteigerungen oder andere Aspekte der Total Landed Cost einem kritischen Test unterzogen und kostenmäßige Auswirkungen bestimmt werden.

Abbildung 2: Kostenvergleiche

 

Durch das Total Cost Controlling kann ein umfassender Kostenüberblick geschaffen und mögliche Stresstest-Szenarien frühzeitig in die Planung mit einbezogen werden. Hierzu muss die Organisation bereit sein, Barrieren zwischen Einkauf, Produktion wie Transport zu reduzieren, um belastbare Zahlen zu erhalten. Die Qualität jeder Analyse ist dabei nur so gut, wie die der schlechtesten Datenquelle. Wird ein gemeinsamer, regelmäßiger Aktualisierungszyklus der Total Landed Cost-Daten eingeführt, steht der erfolgreichen Umsetzung nichts im Wege.


Abbildung 3: Potenziale

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